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19.10.2021
Bericht über den Zustand der Atomindustrie: Anteil der Kernkraft an der Welt-Energiewirtschaft sinkt laufend
Presseaussendung der Bewegung Duha und des Vereins Calla
Die Hauptfakten des regelmäßigen weltweit anerkannten Jahresberichts über den Zustand der Atomindustrie in der Welt 2021 stellte heute dem tschechischen Publikum Mycle Schneider, leitender Autor und unabhängiger Analytiker von Atomkraft, vor. Die detaillierte Analyse bringt einen komplexen Überblick der Angaben über Atomkraftwerke inkl. Informationen über Betriebsalter, Produktion, Bau, Schließung und Entsorgung der Atomreaktoren. Der Bericht beweist, dass die Atomindustrie die beste Zeit längst hinter sich hat und sie eine schrittweise Dämpfung erwartet, keine neue Rolle beim Ersatz der fossilen Brennstoffe wegen des Klimaschutzes spielt. Der Anteil der Kernkraft an der Welt-Stromproduktion sank in den letzten 25 Jahren um mehr als 40%.
Die tschechische Orientierung auf den Bau neuer Reaktoren ist somit eine
Schifffahrt gegen den Strom. Der Bericht zeigt auch, dass viele sich im
Bau befindlichen AKW - Projekte an eine bedeutende Verzögerung und somit auch Verteuerung im Laufe des Baues leiden. Es gibt dadurch keinen Grund, dass es beim Bau des neuen Dukovany - Reaktors anders wäre.
Zu den Schlüssen des Berichtes gehören:
-Mitte des Jahres 2021 waren in 33 Ländern der Welt 415 Atomreaktoren im Betrieb, was um sieben mehr als Mitte des Jahres 2020, aber immer noch weniger als Mitte des Jahres 2019 und um 23 weniger als im Jahre 2002, wo die Zahl bei 438 lag.
-In der ganzen Welt wurden im Jahre 2020 nur fünf Reaktoren in Betrieb
genommen, unter anderem die ersten Blöcke in Weißrussland und in den
Vereinigten Arabischen Emiraten. Das ist um acht weniger als geplant
wurde. Im Gegensatz dazu wurden sechs Blöcke außer Betrieb genommen.
-Die gesamte betriebene Atomleistung stieg im Vergleich mit dem
vergangenen Jahr um 1,9%, so erreichte sie im Jahre 2021 insgesamt 369
GW, wobei aber die Atomstromproduktion im Jahre 2020 um mehr als 100 Twh sank
-Der Anteil der Atomkraft an der Welt-Bruttostromproduktion sinkt
langsam weiter vom Maximum 17,5% im Jahre 1966 auf 10,1% im
Jahre 2020. Der Anteil der Kernkraft an dem weltweiten primären
Energieverbrauch bleibt seit dem Jahr 2014 stabil bei 4,3%
-Der mittlere Alter des Reaktorparks in der ganzen Welt erhöht sich seit
dem Jahr 1984 laufend und heute macht er 31 Jahre, wobei jeder fünfte
Reaktor älter als 40 Jahre ist. Nur sechs Reaktoren werden 51 und mehr
Jahre betrieben. Der mittlere Alter bei der Betriebsbeendigung von 23
Blöcken in den Jahren 2016 - 2020 machte 42,6 Jahre
-Wenn alle derzeit betriebenen Blöcke bis Ende ihrer (verlängerten)
Lebensdauer am Netz bleiben würden und alle sich im Bau befindlichen
Blöcke in Betrieb genommen wären, müssten bis Ende des Jahres 2030 zur Erhaltung des heutigen Zustands weitere 123 Reaktoren in Betrieb
genommen werden, also ca. ein Reaktor monatlich. Das würde bedeuten, in diesem Jahrzehnt die Geschwindigkeit des Baues zu verdoppeln, der aber einen sinkenden Trend aufweist.
-Zum 1.Juli 2021 waren 53 Reaktoren im Bau, von denen sich 18 in China
befinden. Minimal 31 AKW - Projekte sind um mehrere Jahre verzögert. Die Durchschnittszeit seit dem Baustart bis zum Netzanschluss machte bei den in den letzten zehn Jahren in Betrieb genommenen Reaktoren 10 Jahre.
-Die Gesamtkosten, die mit dem Bau und Betrieb des Atomkraftwerkes
verbunden sind, bezogen auf die Zahl der Megawattstunden, die die Quelle während ihrer Lebensdauer erzeugt (Charakteristik LCOE - Levelized Costs of Energy) stiegen in den Jahren 2009 - 2020 um 33%.
Den Bericht über den Zustand der Atomindustrie in der Welt 2021 können
Sie in der tschechischen Sprache hier herunterladen:
https://temelin.cz/images/PDF/wnisr_2021_shrnuti_cz.pdf
Das Webinar haben die Vereine Calla und Duha in Zusammenarbeit mit dem Prager Büro der Heinrich - Böll - Stiftung vorbereitet.
Mycle Schneider, Autor des Berichts und Analytiker der Atomkraft, sagte:
»Ich halte für beunruhigend, dass sich nach wie vor der Unterschied erhöht, wie die breite Öffentlichkeit die Atomkraft wahrnimmt und dem wirklichen Zustand dieses Sektors. Der Beitrag der Atomkraftwerke zur Energieversorgung sinkt im globalen Maß zur Bedeutungslosigkeit. Eine Reihe von Projekten, über die gesprochen wird, bleiben nur im Bereich der wilden Phantasie.«
Edvard Sequens, Energiekonsultant des Vereins Calla:
»Die Daten über den Zustand der Atomindustrie in der Welt beweisen, dass die Kernkraft auch in der Zukunft einen laufend sinkenden Anteil an der Sicherstellung der Energiebedürfnisse der Menschheit haben wird. Sie ist zu teuer, es bleibt danach Hundertausende Jahre gefährlicher Atomabfall, die Risiken von schwerwiegenden Havarien bleiben, sowie die Gefahr der Verbreitung von mißbrauchbaren Technologien und Materialien in instabile Länder. Falls die Atomindustrie nicht etwas Neues bringt, hat sie keine Chance, am Ersatz der Verbrennung von fossilen Brennstoffen und am Klimaschutz teilzunehmen.«
Karel Polanecky, Energiexperte der Bewegung Duha, sagte:
»Beim Lesen des umfangreichen Berichts über den Zustand der Atomindustrie ist es gut, die Passagen auszusuchen, die potenzielle Lieferanten des Baues des neuen Blocks in Dukovany betreffen. KHNP wird vor allem im Zusammenhang mit einem Korruptionsskandal erwähnt, die Informationen über Westinghouse betreffen vor allem die Umstände des Firmenbankrotts. Die französische EdF wird vor allem mit ihrem Einsatz für den Bau des langfristig verzögerten Blocks in Flamanville verbunden, Skandal mit der Fälschung der Dokumentation betrifft die Firma Areva, bevor sie EdF übernommen hat. Die Auswahl wird dadurch nicht einfach sein.«
Kontakte:
Mycle Schneider, Hauptautor des Berichts und unabhängiger
Energiekonsultant, +33 169 832 379, mycle@worldnuclearreport.org
Edvard Sequens, Energiekonsultant des Vereins Calla, 602 282 399,
edvard.sequens@calla.cz
Karel Polanecký, Energieexperte der Bewegung DUHA, 775 778 202,
karel.polanecky@hnutiduha.cz
Jan Pinos, Beauftragter des Grünen Kreises für die Fragen der Atomkraft,
720 552 888, jan.pinos@zelenykruh.cz